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KEYNOTE: Gene und Praktiken: Interdisziplinäre Forschungen zu frühbronzezeitlichen Gesellschaften de

Mittwoch, 20. November 2024

Keynote-Vortrag von Philipp W. Stockhammer (Ludwig-Maximilians-Universität, München & Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig). Ort: Kollegiengebäude der Universität Basel. Datum: Ein Mittwoch im November, 18.15 Uhr.
Im Anschluss Apéro. In Zusammenarbeit mit dem Departement für Altertumswissenschaften der Universität Basel.

Kostenlos, ohne Anmeldung

Abstract: In den letzten Jahren ist klar geworden, dass gerade die Integration archäologischer und verschiedener bioarchäologischer Analysen ganz neuartige Einblicke in prähistorische Lebenswelten ermöglicht und das Zusammenspiel biologischer und sozio-kultureller Faktoren menschlichen Daseins besser verstehen lässt. In meinem Vortrag werde ich die Ergebnisse unseres langjährigen Forschungsprojekts zum Übergang vom Neolithikum zur Bronzezeit im Lechtal südlich der heutigen Stadt Augsburg in Süddeutschland vorstellen. Die archäologische Auswertung von mehr als 400 Bestattungen des 3. und frühen 2. Jahrtausends v. Chr., ca. 200 Radiokarbondaten, ca. 150 Isotopenanalysen (Sr, C, N) und die Genomanalyse von 104 Individuen haben eine einmalige Grundlage für eine integrative, mikroregionale Urgeschichtsschreibung geschaffen. Wir sind in der Lage, die Komplexität lokaler Heiratsregeln sowie geschlechts- und altersabhängige Mobilitätsmuster und verschiedene Formen der Kinderfürsorge zu entschlüsseln. Zudem verstehen wir nun die Genese von Bestattungsgruppen auf Friedhöfen, die Vererbungsregeln von Weilern und die Beziehung zwischen materiellen Objekten in Gräbern und der Position des Verstorbenen innerhalb des biologischen Stammbaums der Gutsbewohner. Die gleichzeitige Anwesenheit von biologisch verwandten und nicht verwandten Individuen in jedem Gehöft deutet zudem auf sozial stratifizierte, komplexe Haushalte hin. Im zweiten Teil meines Vortrags werde ich aus dem Lechtal herauszoomen und allgemeiner nach der sozialen Dimension fragen, die die erfolgreiche Ausbreitung der von Pastoralistengruppen aus der eurasischen Steppe und die mit ihnen verbundene, genetische „Steppensignatur“ während des 3. Jahrtausends ermöglichte. Ich zeige, dass verschiedene Systeme der sozialen Organisation, Heiratspraktiken und Kindererziehung während des 3. Jahrtausends v. Chr. koexistierten und dass wir bei der sozialen Organisation zwischen dorfbezogenen und netzwerkbasierten Systemen im Hinblick auf ihr Potenzial, sich in Zeiten des Umbruchs zu bewähren, unterscheiden müssen.