arCHaeo Suisse 2024.3
Selbst nach einem langen Tag auf der Grabung zieht es mich am Abend in den Garten. Ich tauche am einen Ende ein, um mich bei Einbruch der Dämmerung am anderen Ende wieder aufzurichten. Hinter mir Berge von Unkraut, in Reihen angesäte Rispenhirse, ein neu gebautes Stangenbohnengerüst und frisch eingepflanzte Kohlsetzlinge. Was ist es, das diese Faszination für das Hegen und Pflegen von Pflanzen ausmacht und neben Erde unter den Fingernägeln eine tiefe Zufriedenheit mit sich bringt? Ist dies ein Erbe der ersten Bauern und Bäuerinnen, die sich vom fruchtbaren Halbmond aus mit Saatgut und Haustieren aufmachten, um vor 7500 Jahren die ersten Felder und Weiden auf dem Gebiet der Schweiz anzulegen? Tragen umgekehrt Menschen, deren Gummibaum in der Zimmerecke verdorrt, mehr Genmaterial der zuvor hier wildbeuterisch lebenden Menschen in sich? Auf diese Frage gibt die aktuelle Ausgabe des arCHaeo keine Antwort. Aber sie zeigt auf, welche vielschichtigen Ergebnisse die Erforschung von pflanzlichen Materialien aus archäologischen Ausgrabungen erbringt. Die Erkenntnisse beleuchten alle Lebensbereiche der Menschen und berichten über die Ernährung in Hungerszeiten, farbenfrohe Bekleidung, Schädlingsbekämpfung, Überschwemmungen oder Gesundheitsvorsorge. Was haben Pflanzen für Sie persönlich und für unsere Gesellschaft heute für eine Bedeutung, liebe Leserinnen und Leser?
Katharina Schäppi, Kantonsarchäologin Schaffhausen, Vorstandsmitglied von Archäologie Schweiz