Faszinierende Wissenschaft
Archäologie erforscht die kulturelle Entwicklung der Menschheit anhand der materiellen Hinterlassenschaften, wie Bauwerken, alltäglichen Gebrauchsgegenständen, Waffen und Kunst sowie anhand von organischen und anorganischen Überresten menschlicher Kultur unter Einbeziehung von Schrift- und Bildquellen sowie von naturwissenschaftlichen Disziplinen.
Schon seit je her interessiert sich der Mensch für die Generationen, die vor ihm gelebt haben und für die materiellen Spuren, die sie hinterliessen. In der Renaissance setzte eine Rückbesinnung auf die kulturellen Leistungen der griechisch-römischen Antike ein. Mit Begeisterung wurden Gegenstände des Altertums gesammelt. Doch erst im 19. Jahrhundert wurden mit der Entwicklung der Naturwissenschaften die Grundlagen der modernen Forschung geschaffen.
Heute ist die Archäologie eine interdisziplinär arbeitende historische Wissenschaft, die sich auf einer gesetzlichen Grundlage für die Erforschung und den Erhalt des kulturellen Erbes einsetzt. Durch wissenschaftliche Ausgrabungen und Felderkundungen untersucht sie Hinterlassenschaften vergangener Epochen. Sie dokumentiert, birgt, konserviert und erschliesst diese Reste und macht sie in Archiven und Funddepots für die Forschung und für die Öffentlichkeit zugänglich.
Wie alle Geisteswissenschaften ist sie bei ihren Untersuchungen vom Vorwissen, von Denkweisen und Lehrmeinungen beeinflusst, die vom Zeitgeist geprägt sind. Überlegungen zur Rolle der Frau in den Gesellschaften vergangener Epochen, waren z. B. lange Zeit vom Bild der bürgerlichen Familie des 19. Jahrhunderts geprägt und müssen heute neu überdacht werden. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eröffneten zudem methodische Entwicklungen dem Fach neue Wege, die unsere Sicht auf die Vergangenheit zum Teil entscheidend verändert haben. Heute gehört es zu den Standards archäologischer Untersuchungen, dass mit naturwissenschaftlichen Methoden die Überreste menschlicher Kultur, wie z. B. Pflanzenreste, Tier- und Menschknochen, Sedimente analysiert und in einen kulturgeschichtlichen, umwelt-, ernährungs- und wirtschaftsgeschichtlichen Kontext gestellt werden.
Mit der Dendrochronologie, mit der man das Fälldatum von Hölzern aus archäologischen Kontexten auf das Jahr genau bestimmen kann und der C14-Methode, die die Altersbestimmung von in kleinsten Mengen erhaltenen organischen Substanzen erlaubt, verbesserten sich die Datierungsmethoden. Zu den Entwicklungen in jüngerer Zeit gehören die Isotopen-und DNA-Analyse. Bei der Auswertung menschlicher Skelettreste erlauben die Isotopen-und DNA-Analysen beispielsweise Aufschlüsse zu alters- und geschlechtsspezifischer Ernährung, genetischen Beziehungen oder Migration. Dadurch können erstmals kultur- und sozialgeschichtliche Fragen geklärt werden, die anhand der Sachkultur nicht untersucht werden können.
Forschungsfeld Schweiz
Das Forschungsfeld der Archäologie erstreckt sich von den ersten Hominiden bis in die jüngste Vergangenheit. In der Schweiz sind Spuren aus nahezu allen Epochen der Menschheitsgeschichte bekannt, von den ersten Steinwerkzeugen bis hin zu materiellen Resten des Zweiten Weltkriegs.
Durch ihre zentrale Lage in Europa und ihre grosse landschaftliche Vielfalt zeichnen sich auch die materiellen Spuren der Vergangenheit in der Schweiz durch eine besondere Vielfalt auf vergleichsweise kleinem Raum aus. Kennzeichnend für die Schweizer Archäologie ist sicherlich die hohe Dichte von prähistorischen Pfahlbauten an den Seeufern mit ihren aussergewöhnlichen Erhaltungsbedingungen. Hinzu kommen in jüngerer Zeit immer mehr Funde aus Gletschergebieten, die durch ihre hervorragende Konservierung ein besonderes Potential für die Forschung bieten.
Fundierte weiterführende Informationen zu einzelnen Epochen sind beispielsweise in der von Archäologie Schweiz herausgegebenen Handbuchreihe «Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum Mittelalter» oder im Historischen Lexikon der Schweiz online zu finden
In der Schweiz findet archäologische Forschung an verschiedenen öffentlichen Institutionen statt, in erster Linie an den Universitäten, den Museen und den kantonalen Fachstellen, aber auch weiteren Einrichtungen.